Wissenschaftler_innen kritisieren mit öffentlicher Erklärung das neue Extremismusbekämpfungsprogramm der Bundesregierung

Bereits im Jahre 2009 haben sich mehrere Wissenschaftler_innen zusammen getan, um das neue Extremismusbekämpfungsprogramm der Bundesregierung öffentlich zu kritisieren. Sie beziehen sich hierbei auf die in der Koalitionsvereinbarung der derzeitigen Bundesregierung zu findende Äußerungen zur Extremismusbekämpfung. In der Erklärung wird anhand von sechs Punkten die Problematiken, die sich aus diesem Extremismusprogramm ergeben aufgezeigt und kritisiert:

 

1. Eine Reduzierung der Förderung von Projekten und Programmen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Folge einer Aufteilung der Mittel ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht akzeptabel.

2. Die in der Koalitionsvereinbarung neu eingeführte „Gefahrendiagnose“, die implizit unterstellt, dass alle drei Extremismen aktuell von gleichem Ausmaß, gleicher Bedeutung und Brisanz wären, ist wissenschaftlich nicht nachweisbar. Es existiert demnach keine wissenschaftliche Begründung für die Veränderung der bisherigen Programme.

3. Rechts- und Linksextremismus dürfen weder „in einen Topf geworfen werden“ noch zur Instrumentalisierung und Verharmlosung beitragen.Die Abkehr der beiden Bundesprogramme von ihrem Zentrum „Rechtsextremismus“ ist ein Zeichen für die politische Ignoranz gegenüber einem handfesten Problem der Republik und es droht eine vordergründig politisch motivierte „Rückkehr“ in die Denkschablonen des Kalten Krieges.

4. Durch die Einführung des neuen Bundesprogrammes und die damit verbundene Umverteilung der Mittel werden über einen langen Zeitraum entwickelte Strukturen und Projekte, Ansätze und Initiativen aufgelöst und reduziert werden, Anlaufstellen ihre Arbeit beenden müssen, Hilfen eingestellt werden Mitarbeiter_innen und ihre Arbeit verlieren.

5. Das „Bekämpfungsprogramm“ ist ohne politische Vorklärung und ohne Vergewisserung empirischer Befunde beschlossen worden. Dies verdeutlicht, dass esvor allem parteipolitischen Interessen und spezifischen Weltsichten folgt, aber wenig mit der bzw. den empirischen Jugendrealität(en) zu tun hat.

6. Die Neuorientierung der Programme kann auch als ein ungewolltes bzw. fahrlässiges Signal an die extreme Rechte gelesen werden, dass sie wohl doch keine so große Gefahr für die Demokratie und Beeinflussung der jungen Generation sei.

 

Die vollständige Erklärung mit den ausführlichen Kritikpunkten finden sie im Anhang

 

Unterzeichnet wurde die Erklärung von folgenden Wissenschaftler_innen:

  • Prof. Dr. Benno Hafeneger (Marburg),
  • Prof. Dr. Albert Scherr (Freiburg),
  • Dr. Reiner Becker (Marburg),
  • Dr. Renate Bitzan (Frankfurt/M.),
  • Prof. Dr. Christoph Butterwegge (Köln),
  • Prof. Dr. Franz Hamburger (Mainz),
  • Prof. Dr. Rudolf Leiprecht (Oldenburg),
  • Prof. Dr. Roland Roth (Magdeburg),
  • Prof. Dr. Wilfried Schubarth (Potsdam),
  • Dr. Fabian Virchow (Köln/ Marburg)

 

 

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