Verfassungsschutzbericht als Entscheidungsinstrument über Gemeinnützigkeit

Gesetzesentwurf Schäubles verschärft den Druck

 

 

Organisationen, die im VS-Bericht als verfassungsfeindlich eingestuft sind, sollen künftig automatisch, ohne die Möglichkeit des Gegenbeweises, die Gemeinnützigkeit verlieren. So Wolfgang Schäubles Entwurf für das Jahressteuergesetz 2013, der vom Bundeskabinett im Mai ohne Änderungen verabschiedete. Die Folgen eines solchen pauschalen Entzugs der Gemeinnützigkeit sind für viele Organisationen und Vereine verheerend, da ihnen dadurch einerseits die Steuervergünstigung genommen wird und sie andererseits auf  Spendengelder angewiesen sind, die von den Spendern an gemeinnützige Vereine auch steuermindernd abgesetzt werden können.

 

 

Auch bisher wurde Organisationen die Gemeinnützigkeit aberkannt, wenn sie im Verfassungsschutzbericht als extremistisch erwähnt wurden. Die Vermutung, dass diese Organisationen verfassungsfeindlich seien, war jedoch im Gesetz  bisher als „widerlegbar“ festgehalten. Das gab ebenjenen Organisationen die Möglichkeit, das Finanzgericht anzurufen und dort den Gegenbeweis über ihre Gemeinnützigkeit zu führen. Der neue Gesetzentwurf jedoch sieht nun vor, das Wort "widerlegbar“ zu streichen. Damit ist die Möglichkeit der Rechtswege, die ein Verein gehen kann, empfindlich eingeschränkt. Sie können nur noch die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht an sich beklagen und müssen damit über das Verwaltungsgericht gehen. Indem der Verfassungsschutzbericht auf diese Weise zum Entscheidungsinstrument über die Gemeinnützigkeit wird, können die Finanzgerichte in dieser Frage keine kontrollierende bzw. korrigierende Funktion mehr über den Verfassungsschutz ausüben. Der Verfassungsschutz, dessen Aufgabe die informelle Berichterstattung und Beobachtung ist, würde de facto zum „Oberzensor der Zivilgesellschaft“ (Ansgar Klein in http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=sw&dig=2012/05/22/a0082&cHash=d307897e0d )

Ebenso fällt durch die Streichung des Wortes „widerlegbar“ die Möglichkeit weg, auf dem Wege des politischen Protests Finanzämter- und Gerichte zur inhaltlichen Prüfung der Gemeinnützigkeit zu bewegen. Dies war in der Vergangenheit für Vereine erfolgreich. 

Die Klausel im Steuerrecht wurde 2008 von Peer Steinbrück vorgeschlagen und 2009 in Kraft getreten. Sie sollte verhindern, dass Vereine, die im Verfassungsschutzbericht unter extrem rechts benannt wurden, als gemeinnützig eingestuft werden. Durch das Extremismusdenken erstreckt sich nun diese Klausel zugleich gegen extrem rechts und vermeintlich „linksextrem“. Welche Probleme und Absurditäten eine solche formale Gleichsetzung mit sich bringt zeigt auch die sogenannte Demokratieerklärung. Mit der Streichung einer Widerlegbarkeit könnte sich nun auch im Steuerrecht der Druck auf die zivilgesellschaftliche Demokratie- und Antirassismusarbeit schmerzlich verschärfen.

 

Quelle: http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=sw&dig=2012/05/22/a0082&cHash=d307897e0d

Weitere Informationen:

http://www.taz.de/!93770/

http://www.taz.de/!93770/

http://www.sueddeutsche.de/W5B38d/640718/Verfassungsschutz-statt-Finanzamt.html

http://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/Verfassungsschutz_sollte_nicht_indirekt_%C3%BCber_Gemeinn%C3%BCtzigkeit_entscheiden

 


 

 

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